Geliebt hat man sie noch nie besonders. Schon 1509 verbot der spanische König Anwälten das Auswandern nach Amerika: Sie täten nichts Besseres, als die Kolonisten dazu zu bringen, ihr Geld in Streitigkeiten und Prozessen zu verschleudern, so die Begründung. Als hätte er es geahnt, gehören in den USA Anwälte seit Jahren zum unbeliebtesten Menschenschlag; zu viele, zu geldgierig, meint das Volk. Im deutschsprachigen Raum liegen Anwälte bei Umfragen im Mittelfeld, zusammen mit den Pfarrern. Tendenz sinkend.
Trotzdem wollen immer noch Tausende junger Menschen Jus studieren. Für die Prüfungen müssen riesige Hallen angemietet werden. Derzeit sind in der Schweiz 15 000 angehende Juristen immatrikuliert. Auf sie warten eine Vielzahl Berufschancen und ein sicheres Einkommen, immer öfter in Grossunternehmen, die seit Jahren ihre Rechtsabteilungen aufrüsten. Aus gutem Grund: Jährlich wächst die Sammlung der schweizerischen Bundesgesetze um 5000 engbedruckte Seiten, kein Atemzug, der nicht gesetzlich definiert wäre und damit auf neue Auslegungen wartet.
Auslegungen, die nicht immer Klarheit bringen. «Nicht mal als Jurist versteh ich diese Spitzfindigkeiten», sagt der Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck in diesem Heft zur Anklageschrift gegen seinen Mitkämpfer, den spanischen Richter Baltasar Garzón. Wie Garzón legt sich Kaleck bevorzugt mit Staatschefs und Grosskonzernen an. Ob er nicht einen Job frei habe, fragt ihn mancher Kollege bewundernd und bietet an, im Kampf gegen die Mächtigsten sogar umsonst zu arbeiten, getrieben nicht von Gier, sondern vom Wunsch nach Gerechtigkeit. Spaniens König Ferdinand hätte ihn vermutlich dennoch nicht gemocht.