Es war einmal eine Pflanze, die war genügsam und reich an allen wichtigen Nährstoffen. Sie gedieh auf kargen Böden und machte den Bauern wenig Arbeit. Sie diente als Dünger und nährte Familien, die die Bohnen auskochten und zu einem Mus verquirlten – denn daraus entstanden Milch und Tofu. Wurde sie gepresst, gewann man aus ihr Öl, und was von der Bohne übrigblieb, wurde als Soyamehl an Hühner, Schweine und Rinder verfüttert.
Eines Tages begann dieser paradiesische Kreislauf zu eiern, da die Menschen immer mehr Fleisch essen wollten. Und so kam das Gewächs, das für den Menschen ideal war, fast nur noch dem Tier zu, damit es rascher heranwuchs und schlachtreif wurde. In den USA und Südamerika überdeckte die Pflanze bald ganze Landstriche. Wälder wurden für sie gerodet und Menschen vertrieben. Sie war so begehrt, dass die Böden bald ausgelaugt waren und der Mensch beschloss, die Pflanze genetisch zu verändern, damit sie wieder ergiebig wurde. Die Bauern, die nun auf die manipulierten Samen angewiesen waren, mussten für sie bezahlen, denn sie waren ja patentrechtlich geschützt.
Die Bohne wurde zur wichtigsten Bohne der Welt. Politiker stritten um sie, Geschäftsleute sicherten sich den Boden, auf dem sie wuchs, Spekulanten jonglierten mit ihrem Preis.
Jährlich erntete man mit riesigen Maschinen 250 Millionen Tonnen der Bohne, genügend, um viel Hunger auf der Welt zu stillen. Doch nicht einmal drei Prozent davon endeten in den Mägen der Menschen. Der Rest ging ans Vieh.
Die Bohne ahnte von all dem Irrsinn nichts und wuchs weiter still vor sich hin.